Klimainflation: Was sie ist und wie sie sich von der normalen Inflation unterscheidet

Klimainflation bezeichnet den Anstieg der Lebensmittelpreise, der durch Wetterschwankungen und langfristigen Klimawandel verursacht wird, und nicht durch monetäre oder nachfragebedingte Faktoren. Extreme Dürren, Überschwemmungen, Hitzewellen oder unvorhersehbare saisonale Veränderungen Sie stören die Ernten, verringern das Nahrungsmittelangebot – und damit die Preise. Wie die Initiative „As You Sow“ es formuliert: „Extremwetter … verringert die Ernteerträge, was zu höheren Preisen führt.“ Anders ausgedrückt: Ernteschäden führen dazu, dass weniger Nahrungsmittel auf dem Markt verfügbar sind und die Preise steigen. Klimainflation.

Im Gegensatz zur klassischen Inflation (bei der übermäßiges Gelddrucken oder eine starke Nachfrage oft für steigende Preise verantwortlich sind) ist die klimabedingte Inflation ein angebotsseitiger Treiber. Die Europäische Zentralbank (EZB) stellt fest, dass „erhöhte Durchschnittstemperaturen einen nichtlinearen Anstieg der Inflation verursachen, der bis zu 12 Monate anhält“ – ein längerfristiger Effekt, nicht nur ein einmaliger Schock. Klimaextreme erzeugen daher permanente Druckaufblasung, was zur aktuellen Kerninflation beiträgt (die EZB schätzte beispielsweise, dass die Hitzewelle im Jahr 2022 die Lebensmittelinflation in der EU um etwa 0,67 Prozentpunkte erhöhte).

Wie Wetterextreme die Nahrungsmittelernte verringern

Zu den Hauptursachen der Klimainflation zählen Wetterschwankungen, die die Ernte schädigen und die Erträge verringern:

  • Trocken und heiß. Feuchtigkeitsmangel führt zu stärkerem Stress für Pflanzen (und Vieh), geringeren Erträgen und der Notwendigkeit intensiver Bewässerung. So zeigt beispielsweise eine gemeinsame Studie der Europäischen Kommission, dass bei einer globalen Erwärmung von ca. 2 °C die Maiserträge in der EU bis 2050 um 1–22 % und die Weizenerträge in Südeuropa um bis zu ca. 49 % sinken könnten (wobei einige Gebiete bereits unter Grundwassermangel leiden). Darüber hinaus führen höhere Temperaturen zu schnellerem Pflanzenwachstum (die Pflanzen „reifen“ früher) und zum Austrocknen des Bodens, was die Qualität der Ernte mindert (z. B. führten hohe Temperaturen in der Slowakei im Jahr 2023 zur vorzeitigen Reifung von Getreide und Kartoffeln).
  • Überschwemmungen und starke Regenfälle. Starkregen und Überschwemmungen können Ernten vollständig zerstören (Saatgut auswaschen oder Boden erodieren) und die Ernte unmöglich machen. Landwirte berichten von durchnässten Ernten durch starke Regenfälle (z. B. verursachten Herbstregen in einigen Regionen der Slowakei Bräunung und Schimmelbildung in Winterkulturen). Überschwemmungen beschädigen zudem die Infrastruktur – Brücken, Straßen und Lagerhallen –, was die Ernte und Lagerung der Feldfrüchte einschränkt. Nicht zuletzt legten beispielsweise im Sommer 2024 Überschwemmungen in Pakistan die Lebensmittelversorgung lahm, was zu einem Anstieg der Lebensmittelpreise um mehr als 501 TP3B führte.
  • Instabile Jahreszeiten. Verschiebungen in der Phänologie (früherer Frühling oder späterer Winter) können Frostschäden direkt während der Blütezeit verursachen. So beschädigten Ende März 2023 beispielsweise Fröste blühende Obstbäume in der Westslowakei, und viele Obstkulturen fielen dort praktisch aus. Unregelmäßige Regenfälle im Winter oder Frühjahr stören Aussaat und Blüte und verringern dadurch die Erträge.
  • Andere Faktoren. Höhere Temperaturen und Luftfeuchtigkeit fördern die Verbreitung von Krankheiten, Schimmel und Schädlingen, was Qualität und Quantität der Ernte mindert. Gleichzeitig ist die notwendige Kühlinfrastruktur (Obstkühlbrunnen, Kühllager) energieintensiver.
Steigende Kosten in der Lebensmittelkette

Der Klimawandel erhöht auch direkt die Kosten der Nahrungsmittelproduktion und -verteilung:

  • Bewässerung und Kühlung. In Trockenperioden müssen Landwirte intensiver und mit teurerem Wasser bewässern (das oft nur begrenzt zur Verfügung steht und Grundwasser oder Sojabohnenpumpen erfordert). Heißes und feuchtes Wetter verkürzt zudem die Haltbarkeit der Ernte und erhöht das Verderbnisrisiko, was zu einem höheren Kühlbedarf und Energiebedarf führt. Das Europäische Parlament warnt, dass höhere Temperaturen „die Lagerzeiten verkürzen und die Kühlkosten“ für Lebensmittel erhöhen.
  • Logistik und Transport. Niedrige Wasserstände in großen europäischen Flüssen (Rhein, Donau) – verursacht durch Sommerdürren – schränken den Binnengüterverkehr stark ein. Während der Dürre im Jahr 2022 mussten viele Getreidetransporte auf dem Rhein eingestellt werden. Große Sommerhitze und Stürme schädigen zudem Straßen, Schienen und die Energieinfrastruktur, was zum Verlust von nahrhaften und verderblichen Lebensmitteln führt.
  • Neue Produktionsanforderungen. In heißen Klimazonen müssen möglicherweise verschiedene Sorten angebaut, in anderen Regionen gepflanzt oder Gewächshäuser (mit Klimaanlage) gebaut werden. Diese Anpassungen sind kapitalintensiv und erhöhen die Produktionskosten.
Europäische Union: am stärksten gefährdete Regionen und Kulturen

Die Klimaauswirkungen werden innerhalb der EU ungleich verteilt sein:

  • Südeuropa. Die Mittelmeerländer (Spanien, Italien, Griechenland, Balkan) sind besonders anfällig für Dürren und hohe Temperaturen. So führte beispielsweise die Dürre 2022–2023 in Italien und Spanien zu einem Anstieg der Olivenölpreise um rund 50 %. Oliven (eine alte Kulturpflanze) und Weinreben reagieren in der Region besonders empfindlich auf Wasserknappheit. Südeuropa ist bereits stark von Agrarimporten (hauptsächlich Soja und Tierfutter) abhängig: Die EU importiert 70–75 % ihres Eiweißfutters (Soja) aus Südamerika und den USA und ist daher in diesen Regionen besonders anfällig für den Klimawandel.
  • Mittel- und Osteuropa. Länder wie Ungarn, Rumänien, Bulgarien und die Slowakei verfügen über große landwirtschaftliche Flächen, die bereits häufig von Dürren betroffen sind. So bedrohte beispielsweise im Jahr 2023 eine ausgedehnte Dürre in der Südslowakei die Mais-, Sonnenblumen- und Rapsernte ernsthaft (viele Landwirte mussten bewässern). Auch Gemüse und Obst (Paprika, Gurken, Äpfel, Pflaumen) reagieren in dieser Zone empfindlich auf extreme Dürre und Frost. Andererseits könnten einige Teile Ost- und Nordeuropas (z. B. das Baltikum oder Mittelskandinavien) bei moderater Erwärmung leichte Ertragssteigerungen verzeichnen, sind aber durch neue Schädlinge und Überschwemmungen gefährdet.
  • West- und Nordeuropa. Länder wie Frankreich, Deutschland, die Niederlande und das Vereinigte Königreich haben ein relativ feuchteres Klima, aber extreme Überschwemmungen und Dürren im Frühjahr 2023 verursachten dort erhebliche Verluste (so zerstörten beispielsweise Überschwemmungen in Algerien Zuckerrüben und schränkten die britische Kartoffelernte ein, was die Kartoffelpreise um ~22 % erhöhte). In Nordeuropa hingegen steigen die Kosten für die Aufrechterhaltung der Viehhaltungsbedingungen (Kühlsysteme) und Getreidekulturen können im Winter unter Feuchtigkeitsmangel leiden.
Auswirkungen auf die Lebensmittelpreisstabilität in der EU

Die Folgen der Klimainflation für die EU sind gravierend:

  • Höhere Preise und Instabilität. Die EU könnte mit einem anhaltenden Anstieg der Lebensmittelpreise und einer größeren Volatilität konfrontiert sein. Das Europäische Parlament fasst zusammen: „Der Klimawandel führt zu höheren Lebensmittelpreisen und geringerer Qualität“, und fügt hinzu, dass wichtige Nutzpflanzen (Oliven, Weizen) „am stärksten gefährdet“ seien. Der Mittelmeerraum wird aufgrund seiner Importabhängigkeit „besonders anfällig“ sein. So könnten sich bis 2024 rund 91.000 europäische Haushalte nicht mindestens einmal pro Woche eine Mahlzeit mit Fleisch oder Fisch leisten – was die Ernährungssicherheit ärmerer Bevölkerungsgruppen verschlechtert.
  • Ernährungsumstellung und soziale Folgen. Steigende Lebensmittelpreise könnten die Essgewohnheiten europäischer Verbraucher verändern. Schon heute warnen EZB und EPRS, dass steigende Preise die Menschen dazu zwingen könnten, weniger Fleisch und mehr pflanzliche Lebensmittel zu essen – um die freien Getreidereserven für den menschlichen Verzehr zu nutzen. Veränderungen der Ernährungsgewohnheiten wären sozial problematisch (insbesondere für Länder mit traditionell hohem Fleischkonsum).
  • Erhöhtes Ausfallrisiko. Die EU ist nicht autark: Sie importiert bereits wichtige Rohstoffe (Sojabohnen, Kaffee, Kakao, Öle). Die Autoren der Studie warnen: Bis 2050 werden bis zu 40 % der EU-Importe „hochgradig anfällig“ für Dürre seinwenn sich die klimatischen Bedingungen verschlechtern. Das bedeutet, dass der Klimawandel außerhalb Europas direkte Auswirkungen auf unser Leben haben könnte – beispielsweise würde eine weltweite Sojaknappheit zu einem Preissturm auf Europa übergreifen.
Prognosen bis 2050: Was passiert, wenn die Emissionen nicht sinken?

Bei anhaltend hohen CO₂-Emissionen droht die Klimainflation weiter zuzunehmen. Der IPCC warnt für die kommenden Jahrzehnte: Die globale Erwärmung könnte bis etwa 2050 zu einem dramatischen Preisanstieg führen. Konkret sagen Klimamodelle aus, dass bis 2050 Die Getreidepreise auf den Weltmärkten könnten um bis zu ~29 % im Vergleich zu einer klimaneutralen Entwicklung. Die Preisstabilität würde abnehmen – niedrigere Breitengrade (z. B. Südeuropa, Afrika) würden durch sinkende Ernten unter Druck geraten, höhere Breitengrade würden stärkeren saisonalen Schwankungen ausgesetzt sein.

Für die EU bedeutet dies einen noch härteren Kampf um die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln. Forschungsszenarien warnen, dass Bis Mitte des Jahrhunderts wird ein deutlich größerer Anteil der EU-Importgüter durch Dürren bedroht – bis zu 40 % der Importe könnten „hochgradig gefährdet“ sein. Anders ausgedrückt: Die EU würde noch abhängiger von Lieferungen aus anderen Kontinenten, die jedoch aufgrund von Klimaextremen ausfallen können.

Wenn wir die Emissionen nicht drosseln, werden Extremereignisse häufiger und heftiger. Mehrere Studien kommen zu dem Schluss, dass im Szenario moderater Klimaschutzmaßnahmen (RCP6.0) nicht nur die Preise steigen werden, sondern dass möglicherweise auch eine vollständige Anpassung an die neuen Gegebenheiten notwendig sein wird – beispielsweise durch die Reduzierung des Fleischkonsums, um die Getreideversorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Langfristig bedeutet dies, dass sich Konflikte um Wasser und landwirtschaftliche Flächen verschärfen könnten, wenn Temperaturen und Extremwerte über +2 °C steigen, was die Dringlichkeit von Klimaschutzmaßnahmen unterstreicht.

Der Klimawandel treibt bereits jetzt die Lebensmittelpreise in die Höhe – die sogenannte „Klimainflation“. Extreme wie Dürren, Überschwemmungen und Hitzewellen reduzieren das Angebot direkt (in der EU könnten bei einigen Nutzpflanzen die Hälfte der Ernte verloren gehen), was zusammen mit erhöhten Kosten für Bewässerung, Kühlung und Transport langfristig zu höheren Lebensmittelpreisen führt. Wissenschaftlichen Prognosen zufolge wird sich dieser Trend bis 2050 noch beschleunigen – die Preise für Grundnahrungsmittel könnten um bis zu mehrere zehn Prozent steigen, was für Europa im Hinblick auf die Verfügbarkeit und Stabilität der Lebensmittelversorgung eine enorme Herausforderung darstellen würde. Weitere Belege und Prognosen liefern der IPCC, Berichte der OECD und der FAO sowie Studien der EU (z. B. der EZB), die warnen, dass die Klimainflation zur neuen Realität in unseren Einkaufskörben werden könnte, wenn die Emissionen nicht sinken. JRi

Quellen: IPCC (WGII, 2022), Europäisches Parlament (EPRS, 2025), EZB-Forschung (2024), OECD-FAO (2024), WFP, Klimastudien und aktuellere Berichte (CarbonBrief, Al Jazeera).

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